Die gewundenen Straßen nach Montalcino führen in eine der faszinierendsten Weinregionen Italiens. Was in den frühen 1980er Jahren noch ein Geheimtipp unter Weinliebhabern war, hat sich zu einem der begehrtesten Weine Italiens entwickelt. Doch die magische Anziehungskraft dieser toskanischen Hügellandschaft, wo der Sangiovese seine wohl großartigste Ausdrucksform findet, ist zeitlos geblieben.

Die stillen Stars der Toskana
Die aktuelle Generation von Winzern hebt das bereits hohe Qualitätsniveau durch bemerkenswerte Weiterentwicklungen an. Beeindruckend dabei: Der Wandel vollzieht sich nicht durch revolutionäre Umbrüche, sondern durch behutsame Evolution. Die besten Produzenten verstehen heute besser denn je, dass der Schlüssel zur Qualität in der präzisen Interpretation ihrer jeweiligen Terroirs liegt. Sie arbeiten mit einer Detailversessenheit im Weinberg, die an die großen Domänen des Burgunds erinnert – ein Vergleich, der die außergewöhnliche Entwicklung der Region unterstreicht.
Zwischen den charakteristischen Zypressen und Olivenhainen entstehen Weine, die die klassische Kraft und Langlebigkeit des Brunello mit einer nie dagewesenen Präzision und Finesse verbinden. Die zunehmende Hinwendung zu biologischer und biodynamischer Bewirtschaftung ist dabei mehr als ein Trend – sie ist Ausdruck eines tiefgreifenden Verständnisses für die Zusammenhänge zwischen gesunden Böden und authentischen Weinen.
Drei Weingüter stechen besonders hervor und stehen exemplarisch für die qualitative Entwicklung der Region. Das sind…
…unsere Brunello di Montalcino Winzer
Salicutti: Die Renaissance eines Klassikers
Die Geschichte von Salicutti ist eng mit Francesco Leandra verbunden, der über dreißig Jahre die Geschicke dieses Weinguts lenkte. Was heute als selbstverständlich gilt – biologische Bewirtschaftung und minimaler Eingriff im Keller – war zu Zeiten seiner Anfänge revolutionär. Die 4,5 Hektar Rebfläche, allesamt für Brunello klassifiziert, gehören zu den am sorgfältigsten gepflegten Weinbergen der Region.
Was Salicutti besonders macht, ist die Kombination aus drei distinktiven Lagen:
- Piaggione: Die historische Parzelle, deren Weine sich durch eine bemerkenswerte Kombination aus Kraft und Finesse auszeichnen
- Teatro: Eine neue Einzellage, die die mineralische Komponente des Kalksteinbodens besonders deutlich zum Ausdruck bringt
- Sorgente: Komplettiert das Terroir-Trio mit einer eigenen Interpretation des Sangiovese
Die Übernahme durch deutsche Eigentümer und die enge Zusammenarbeit mit Jan Erbach von Pian dell’Orino markiert einen spannenden Wendepunkt. Der Fokus auf biodynamische Bewirtschaftung und die weitere Verfeinerung der Lagen-Philosophie versprechen Großes für die Zukunft.
Verkostungsnotizen:
- Brunello di Montalcino DOCG Piaggione 2017: Zeigt die klassische Eleganz des Jahrgangs mit feiner Würze und präziser Frucht
- Brunello di Montalcino DOCG Teatro 2017: Ein brillanter Beweis für das Potential der neuen Lagen
- Rosso di Montalcino: Wie Monica Larner richtig bemerkt, einer der reinsten Ausdrücke des Sangiovese
Pian dell’Orino: Präzision als Philosophie

Was Jan Erbach und Carolin Pobitzer in den letzten Jahren aufgebaut haben, verdient höchste Anerkennung. Ihre akribische Herangehensweise an den Weinbau erinnert mich an die besten Produzenten des Burgunds – ein Vergleich, den ich selten ziehe.
Die nur 5 Hektar Rebfläche von Pian dell’Orino werden mit einer Intensität bewirtschaftet, die ihresgleichen sucht. Besonders beeindruckend ist Erbachs Verständnis für die Mikroklimate seiner verschiedenen Parzellen. Seine Fähigkeit, die subtilen Unterschiede im Terroir zu “lesen” und im Wein zum Ausdruck zu bringen, ist außergewöhnlich.
Die zwei Single-Vineyard Brunelli – Bassolino di Sopra und Vigneti del Versante – zeigen exemplarisch, wie präzise Weinbergsarbeit zu völlig unterschiedlichen, aber gleichermaßen überzeugenden Interpretationen des Sangiovese führen kann.
Verkostungsnotizen:
- Brunello di Montalcino Vigneti del Versante DOCG 2018: Ein Wein von bestechender Präzision und Tiefe
- Rosso di Montalcino DOC 2017: Zeigt das enorme Potential des “kleinen Bruders”
- Piandorino Toskana IGT 2021: Ein hervorragender Einstieg in die Welt von Pian dell’Orino
Podere Brizio: Bio-Pionier auf 16ha
Die Familie Bartolommei beweist eindrucksvoll, dass auch größere Betriebe – hier 16 Hektar – Spitzenqualität produzieren können. Die biologische Zertifizierung ist dabei mehr als nur ein Lippenbekenntnis; sie ist Teil einer ganzheitlichen Philosophie.
Was uns bei Brizio besonders beeindruckt, ist die Kombination aus traditioneller Weinbereitung und moderner Technologie. Die Handlese und schonende Verarbeitung der Trauben sind dabei ebenso selbstverständlich wie der Einsatz modernster Kellertechnik, wo sie der Qualität dient.
Verkostungsnotizen:
Rosso di Montalcino DOC 2020: Ein außergewöhnliches Preis-Leistungs-Verhältnis
Brunello di Montalcino DOCG Riserva 2016: Ein klassisch strukturierter Brunello aus einem großen Jahrgang
Brunello di Montalcino DOCG 2017: Bemerkenswert gelungen in einem herausfordernden Jahr

Ein Blick in die Zukunft
Was wir derzeit in Montalcino erleben, ist mehr als nur eine qualitative Weiterentwicklung. Es ist eine fundamentale Neuausrichtung hin zu mehr Präzision und Terroirausdruck. Die drei vorgestellten Weingüter repräsentieren verschiedene Facetten dieser Entwicklung:
- Salicutti als Pionier der biologischen Bewirtschaftung und Verfechter der Lagen-Philosophie
- Pian dell’Orino als Leuchtturm der Präzisions-Weinbereitung
- Podere Brizio als Beweis, dass Tradition und Moderne sich nicht ausschließen
Die steigende Bedeutung der Einzellagen-Selektionen und der biologischen Bewirtschaftung sind dabei keine Modeerscheinungen, sondern logische Schritte in der Qualitätsentwicklung. Die nächsten Jahre werden zeigen, wie sich diese Entwicklung fortsetzt. Eines ist jedoch schon jetzt klar: Brunello di Montalcino ist auf dem besten Weg, seine Position unter den großen Weinregionen der Welt weiter zu festigen.
Die DOCG Brunello dell Montalcino bei Lebendige Weine wird repräsentiert durch die Weingüter:
Fotos der Weingüter Salicutti, Pian dell’Orino, Weingut Podere Brizio.