Mit dem 2019er folgt im Burgund und damit auch an der Côte de Beaune der zweite außergewöhnliche Jahrgang, der in der Summe aller Ereignisse deutlich an den globalen Klimaveränderungen teilhatte. Es sind zwar nicht die ersten, aber es sind Jahrgänge mit den offensichtlichsten Veränderungen zum „Sommer im Winter“, wie es manche Winzer genannt haben, bis zu den canicules, den Hundstagen, also den Hitzewellen im Sommer mit der großen Zahl von Sonnenstunden. Aber es ist auch ein Jahrgang, in dem Winzer und Reben sich an diese Veränderungen schon ein Stück stärker angepasst haben, und für die Côte de Beaune kann man jetzt – wo man ihn probieren kann – definitiv sagen, dass es gerade beim Pinot Noir ein in sich deutlich ausgeglichenerer Jahrgang geworden ist. Für die Winzer inklusive François de Nicolay und seine Schwester Claude Jousset aber bleiben die Herausforderungen enorm.
Die Besonderheiten des Jahrgangs
Der Jahrgang 2019 hatte alles – außer Fäulnis. Der Winter war warm, was zu früher Blüte und zu frühem Austrieb führte und damit zur Gefahr von Frösten. Die Blüte des Chardonnay erfolgte am 2. April, der Frost kam in der Nacht vom 5. auf den 6. April, fiel aber für Chandon de Briailles nicht so verheerend aus, wie befürchtet. Betroffen waren vor allem Saint-Aubin und Chassagne-Montrachet. Im Mai war es so kühl und teils so feucht, dass man Furcht vor Oidium hatte, das sich aber in Grenzen hielt.
Der Juli und der August wurden warm, ja heiß, mit Spitzen von bis zu 42 °C im Schatten, jedoch glücklicherweise nicht über einen allzu langen Zeitraum. Doch die Trockenheit führte in manchen Parzellen zu Wasserstress, was die Reifung verzögerte.
Schließlich haben die de Nicolays mit ihrer Mannschaft den Chardonnay und den Pinot Blanc vom 6. bis 10. September und den Pinot Noir vom 15. bis 20. September gelesen.
Die Trauben mussten sehr präzise sortiert werden; denn es gab nicht wenige getrocknete oder sonnenverbrannte Beeren. Der potenzielle Alkoholgehalt lag zwischen 13,2 und 13,7 % beim Pinot und zwischen 13 und 13,2 % beim Chardonnay, was für ein solches Jahr ein sehr guter Wert ist. Die Erträge waren jedoch weit davon entfernt, glücklich genannt zu werden, was auch daran lag, dass die Beeren zwar feste und dicke Häute besaßen, aber oftmals nur wenig Saft. So lag der Ertrag beim Pinot zwischen 15 und 25 hl/ha und der beim Chardonnay bei 20 bis 25 hl/ha. »Wir hatten eine halbe Ernte«, konstatierte François de Nicolay.
Die Arbeit im Keller
Chardonnay wie Pinot Noir werden kaum noch entrappt. Der Chardonnay wird als Ganztraube langsam in die Barriques und Tonneaux gepresst, in denen er vergärt und auf der Vollhefe ausgebaut wird. Die roten Trauben werden in Holz-Cuves vergoren, und der Saft läuft per Schwerkraft in die Barriques und Tonneaux.
Der Anteil der Rappen beim Pinot Noir lag in 2019 bei rund 80 %. Der Neuholzanteil bei den Fässern lag kaum über 15 %. Die Weine werden ohne Filtration mit minimaler Schwefelung und in Teilen auch ganz ohne Schwefel gefüllt – oft direkt aus dem Fass.
Die Climats
Chandon de Briailles gehört aktuell zu den besten Erzeugern in Savigny-lès-Beaune.
Hier ist vor allem der Vergleich zwischen der früher als Premier Cru eingestuften und dann herabgestuften Lage Aux Fourneaux sehr spannend.
Aux Fourneaux – Das Duo
Die Weine, die echte Preis-Genuss-Sieger sind, unterscheiden sich durch unterschiedliche Sulfit-Anteile von rund 32 mg/l freiem Schwefel beim klassischen und rund 10 mg/l beim Wein ohne Schwefelzugabe. Die Auswirkungen sind deutlich zu schmecken, und beide Weine begeistern auf ihre Weise.
Île des Vergelesses & Les Saucours
Ähnlich ist es beim Île des Vergelesses. Die Lage mit Blick auf den Corton-Hügel ist so etwas wie die Parade-Lage – auch wenn die großen Weine des Weinguts in den Grand-Cru-Lagen am Corton entstehen. Der rote Île ist ein in sich ruhender eleganter Wein mit innerer Spannung. Der weiße Île liegt noch im Fass. Dafür gibt es einen jungen Savigny-lès-Beaune »Les Saucours«, der mit viel Energie, Druck und einer hellen Aromatik begeistert.
Die Riege der Cortons beginnt beim Premier Cru »Les Valozières« und endet beim Grand Cru Corton »Le Clos du Roi« und dem weißen aus Bressandes stammenden Corton Grand Cru blanc. Diese Weine bedürfen noch einiger Lagerzeit. Für Neal Martin aber stand schon im Weingut fest, dass der »Corton-Bressandes der Beste ist, den ich je bei dieser Adresse aus dem Fass probiert habe«. Entsprechend hat er ihm 94–96 Punkte gegeben. William Kelley sieht den Le Clos du Roi als den Stärksten und verteilt 93–95 Punkte in Robert Parker’s The Wine Advocate.
Was in 2019 besonders begeistert, ist die häufig fast cremige Frucht, die im ersten Moment oft ganz für sich allein steht, bis die lebendige Säure immer präsenter wird, Frische mit sich bringt und strahlt. Gerade die Grands Crus verfügen teils über eine fantastisch elegante Tanninstruktur und viel Schmelz.
Text und Weinexpertisen: Christoph Raffelt
Probierpaket 2019
Chandon de Briailles 1er Cru rouge
Bei den drei 1er Cru von Chandon de Briailles wird sehr schön deutlich, von welch unterschiedlichen Terroir Les Lavières, Île de Vergelesses und Les Valozières stammen. Es wird sehr präzise und klar abgebildet. Das Gleiche gilt für die Komplexität und Tiefe. Es eint sie der feine, elegante Schmelz und die reife und doch lebendige Säurestruktur.
- 2019 Savigny-lès-Beaune 1er Cru “Les Lavières”
- 2019 Pernand-Vergelesses Rouge 1er Cru “Île des Vergelesses”
- 2019 Aloxe-Corton Rouge 1er cru “Les Valozières”