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Lebendige Weine MagazinRangen de Thann – Ein Vulkan im Elsass

Rangen de Thann – Ein Vulkan im Elsass

    Rangen de Thann

    Tektonische Verwerfungen und Unterwasservulkane, 70 Millionen Jahre am Werk. Sie rissen den Oberrheingraben auf, trennten die Vogesen vom Schwarzwald, senkten den Rhein um mehrere Kilometer ab. Das Elsass, auf der Westseite des Grabens, war über Jahrtausende Konfliktlinie und Begegnungszone, in der sich – der Tektonik gleich – Strömungen lateinischer und germanischer Kultur verwoben und auf einander entluden.

    Der Rangen (wie in hochrangen) hat alles überlebt. Im 12. Jahrhundert erstmals erwähnt und bepriesen, zählen seine Weine zu den extraordinärsten in Frankreich. Die Signatur dieses Weinberges ist stark und ungewöhlich. Mit ihrem rauchigen Feuerstein und Noten dunkler Erde, reißen sie einen unvorbereitet aus dem Alltag.

    Der eminente Rangenkopf erhebt sich 600 Meter über dem Fluss Thur am südlichen Ende der Appellation Elsass. Vom Plateau erhält man eine spektakuläre sicht auf die Vogesen, den Schwarzwald und die Schweiz in der Ferne. In der Mitte des Rangenkopfes, auf etwa 300 Meter Höhe, liegt die Grand Cru Rangen de Than. Das einzige echt vulkanische Terroir des Elsass. 50 Zentimeter Erdauflage auf barem, rissigem Felsen. Arm an Ton und organischem Material; reich an Tuff, Andesiten und Vulkansediment. Als Resultat zeigen die Weine des Rangen die mit Abstand höchsten Mineraliengehalte aller umgebender Weinberge. Auch sensorisch unterscheiden sie sich deutlich: viel Gewicht und Konzentration, Rauchigkeit, Salz und Vibration.

    Originelle, durchsetzungsstarke Weine.

    Zind-Humbrecht Riesling Rangen de Thann GC 2015: Schon in der Nase unfehlbar Rangen: rauchige, rauchige Mineralik. Ströme gemahlenen schwarzen Vulkangesteins, durchzogen von seidenen Marillenfäden. Am Gaumen alles: Süße, Säure, Frucht, Salz und Bitterkeit. Nicht knochentrocken, wie wir es von deutschen großen Rieslingen mittlerweile gewöhnt sind. Stattdessen mit dem Funken Hedonismus mehr. Elsass eben.

    Fast zu viel ist einem dieser Wein. Kein gutes Verkaufsgut, denn man hält automatisch inne, wird langsamer, spürt nach. Am Ende seiner Reise längst des Gaumen verschmelzen die einzelnen Komponenten zu einer wunderschönen, pulsierenden Kernfusion mit hochdichtem Zentrum und vibrierenden Rändern. Unendliches Finale. Ein Nachhall, den man durch einen weiteren Schluck zu entweihen fürchtet – geschweige denn, oh Frevel, durch eine Speise. Ein Wein, der mich wachgerüttelt und mich erinnert hat, warum Wein mein Leben bestimmt, warum ich entschieden habe, Wein zum Leitfaden meines Lebens zu machen. Wie kann es bloß sein? Wie vermag Menschen Hand aus vergorenem Traubensaft solch ein Meisterwerk fließender Ästhetik zu schaffen?

    Zind-Humbrecht Riesling Rangen de Thann GC 2011: In sich ruhend, deutlich barocker, fülliger, auch etwas süßer. Noch mehr klassisches Elsass. Dieser hier ruft nach Speisen: Gebt mir eine Terrine, ein Stück Käse. Grillt mir ein Schweinskottlett mit pikanter Salsa. Doch wenigstens eine Auster. Noch immer sehr jung. Waldhonig, Thymian, Tamari am Gaumen. Die uns mittlerweile wohlbekannte, geliebte Rauchigkeit des Rangen und Zitronenparfait in der Nase. Nachhaltig und sehr, sehr schön, auch dieser.

    Beide eine Bereicherung und große Weine, die man probiert haben muss. Der 2015er gehört zu den zehn schönsten Weinen meines Lebens.